Outsourcing von Treibhausgasen

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Konterkariert CO2-Outsourcing unsere Klimaziele?

Der CO2-Ausstoß von Staaten und Unternehmen hat sich, auch auf Grund der europäischen Gesetzgebung im Zuge des Grünen Deals, als Maßzahl für die Klimafreundlichkeit etabliert. Oft wird auch von CO2-Äquivalenten (CO2e) gesprochen. Darin werden die Emissionsmengen mehrerer Treibhausgase, wie CO2, Methan, Fluor-Kohlenwasserstoffe und Lachgas, zusammengefasst. Doch wie aussagekräftig sind diese Messungen wirklich?

Österreich hat im Jahr 2019 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) insgesamt 79,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent Treibhausgase emittiert. Gegenüber 2018 bedeutet das eine Zunahme um 1,5 Prozent bzw. 1,2 Millionen Tonnen. Im gesamten Zeitraum seit 1990 stiegen die Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2019 lediglich um 1,8 Prozent bzw. 1,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent an.

Das Ermitteln von CO2-Äquivalenten ist sehr komplex. Unter anderem muss dabei berücksichtigt werden, dass die verschiedenen Treibhausgase unterschiedlich lange in der Atmosphäre verbleiben, also unterschiedlich lange klimaschädlich sind. CO2 (Kohlenstoffdioxid) bleibt zum Beispiel für Jahrhunderte in der Erdatmosphäre, während Methan binnen 15 Jahren zu CO2 und Wasserdampf abgebaut wird.

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Darüber hinaus stellt sich die Frage dar zu Grunde liegenden Daten. Wie wird ganz exakt ermittelt, welche staatliche oder wirtschaftliche Aktivität genau wie viele Treibhausgas-Emissionen verursacht? Alleine darüber lässt sich unendlich lange streiten. Aber das würde hier unseren Rahmen sprengen, daher wollen wir die veröffentlichten Daten einfach zur Kenntnis nehmen

CO2-Emissionen sinken seit Jahren

Trotz unseres stetigen Wirtschaftswachstums sinken die Treibhausgasemissionen in Europa und den USA. Eigentlich müsste es doch umgekehrt sein. Je mehr Wirtschaftswachstum, desto mehr produziert die Industrie, desto mehr Energie wie Strom, Gas, usw. wird benötigt, desto mehr konsumieren wir – also wäre es logisch, dass die CO2-Emissionen Hand in Hand mit dem Wirtschaftswachstum steigen. Doch in Europa und den USA ist das Gegenteil der Fall.

Sind die großen Industrie- und Konsumregionen Europa und USA parallel mit dem Wirtschaftswachstum im selben Ausmaß klima- und umweltfreundlicher geworden? Nein.

CO2-Reduktion durch CO2-Outsourcing

Der weltweite Trend zu immer mehr und immer billigeren Waren bzw. Produktionsmethoden führt dazu, dass produzierende Betriebe aller Branchen (Automobil, Elektronik, Bekleidung, Pharma & Chemie, usw.) Produktionsschritte in ferne Billiglohnländer auslagern. Klassisches Beispiel ist das Auslagern der Produktion nach China.

Waren, die dann in Europa nicht mehr produziert werden (Autos, Stahl, T-Shirts, Computer, usw.), verursachen in Europa auch keine Treibhausgasemissionen mehr. Gemeinsam mit der Produktion werden also auch die CO2-Emissionen ausgelagert. Das nennen wir CO2-Outsourcing. Die fertigen Waren und Produkte werden dann über globale Lieferketten zurück zu uns Konsumenten in Europa transportiert.

Schon im Jahr 2010 haben Forscher der Stanford Universität in einer Studie herausgefunden, dass die von den Industrieländern Westeuropas, Japans und der USA importierten Produkte in anderen Ländern, insbesondere in China, erhebliche Emissionen verursachen.

Die Forscher fanden heraus, dass mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen, die mit den in Europa konsumierten Waren und Dienstleistungen verbunden sind, in Wirklichkeit anderswo entstehen. Wenn wir uns also von den öffentlichen Zahlen einreden lassen, wir sparen in Europa schon so viele Schadstoffemissionen ein, lügen wir uns mehr oder weniger in die eigene Tasche.

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Wohlhabende Staaten sind laut der Stanford-Studie für viel höhere CO2-Emissionen verantwortlich, als in Berichten angegeben. Indem sie ihren Produktionsbedarf in Entwicklungsländer exportieren, ist es den USA, Japan und vielen westeuropäischen Ländern gelungen, mehr als die Hälfte ihrer Schadstoffemissionen auszulagern. Und sich damit der Verantwortung für ihren Anteil an der klimaschädlichen Verschmutzung zu entziehen.

Wohlhabende Staaten sind laut der Stanford-Studie für viel höhere CO2-Emissionen verantwortlich, als in Berichten angegeben. Indem sie ihren Produktionsbedarf in Entwicklungsländer exportieren, ist es den USA, Japan und vielen westeuropäischen Ländern gelungen, mehr als die Hälfte ihrer Schadstoffemissionen auszulagern. Und sich damit der Verantwortung für ihren Anteil an der klimaschädlichen Verschmutzung zu entziehen.

Auf China wegen dessen hohen Schadstoffemissionen mit dem Finger zu zeigen, und zu verlangen, dass China im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel endlich seine enormen Schadstoffmengen reduzieren muss, greift also zu kurz. Wir Europäer sind dafür mitverantwortlich. China geht übrigens bereits seit Jahren dazu über, seinerseits CO2-Emissionen auszulagern, beispielsweise in Ländern Afrikas.

Konsum- statt produktionsbezogene Betrachtung

Ehrlicher wäre die Betrachtung der Treibhausgasemissionen, die wir in Europa verursachen, wenn wir uns nicht nur anschauen, was innerhalb unserer Grenzen freigesetzt wird, sondern auch jene Menge an CO2-Äquivalenten berücksichtigen, die bei der Produktion der Waren freigesetzt wird, die wir konsumieren.

Wir sollten also im Hinblick auf unsere Treibhausgasemissionen den Fokus darauf legen, wo die Waren konsumiert werden, und nicht immer nur, wo sie produziert werden. Denn für das globale Klima spielt es keine Rolle, wo Schadstoff-Emissionen entstehen.


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Quellen:

Stanford University, news.standford.edu/news, Stanford Report „Wealthier countries ‚outsource‘ their carbon emissions to developing nations, a new study finds“ vom 8. März 2010, abgerufen am 22. Februar 2022

Klimaschutzbericht 2021 des österreichischen Umweltbundesamtes

Tageszeitung DER STANDARD, www.derstandard.at, „Wie Industrieländer ihre Treibhausgase auslagern“, abgerufen am 22. Februar 2022