Neuer EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft soll Europa sauberer und wettbewerbsfähiger machen.
Es gibt nur einen Planeten Erde, aber bis 2050 wird der weltweite Verbrauch ein Niveau erreichen, als ob wir drei davon hätten. Der weltweite Verbrauch von Materialien wie Biomasse, fossilen Brennstoffen, Metallen und Mineralien dürfte sich in den nächsten vierzig Jahren verdoppeln, während das jährliche Abfallaufkommen bis 2050 voraussichtlich um 70 Prozent steigen wird.
Mit diesen eindringlichen Worten leitet die Europäische Kommission den neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft ein, den sie im März 2022 veröffentlicht hat. Zentrales Anliegen ist das Senken des CO2-Fußabdrucks im Hinblick auf den Verbrauch von Waren. Der Anteil an kreislauforientierten, also neudeutsch recycelten Materialien soll in den kommenden zehn Jahren verdoppelt werden.
Denn, das kennen wir alle aus unserem Alltag, viele Produkte gehen zu schnell kaputt, und können nicht ohne Weiteres wiederverwendet, repariert oder recycelt werden. Zu viele Produkte sind zudem nur für den einmaligen Gebrauch bestimmt, und Hersteller haben keine ausreichenden Anreize, ihre Produkte kreislaufgerechter zu gestalten. Konkret im Auge hat die EU-Kommission Elektro- und Elektronikgeräte sowie Textilien (Stichwort Fast Fashion), aber auch Möbel und Zwischenprodukte mit hohen Umweltfolgen wie Stahl, Zement und Chemikalien.
Zum Erreichen ihrer Ziele möchte die EU-Kommission die vorhandene Ökodesign-Richtlinie über energieverbrauchsrelevante Produkte hinaus so erweitern, dass der Ökodesign-Rahmen auf ein möglichst breites Produktspektrum angewendet werden kann und zur Kreislaufwirtschaft beiträgt.
Das Design nachhaltiger Produkte soll verbessert werden, konkret deren Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit. Der Rezyklatanteil, also der Anteil an wiederverwendetem Ausgangsmaterial, soll erhöht werden. Den einmaligen Gebrauch sowie vorzeitige Obsoleszenz zu beschränken, sind weitere Aspekte, die reguliert werden sollen. Das Vernichten unverkaufter, nicht verderblicher Waren soll verboten werden. Ziel ist das Verringern des CO2-Fußabdrucks und des ökologischen Fußabdrucks.
Digitale Produktpässe (Digital Product Passports) sollen es Konsumenten einfacher machen, sich bewusst für nachhaltige Produkte zu entscheiden. Geplant sind zuverlässige Informationen zu Lebensdauer, Verfügbarkeit von Reparaturdiensten, Ersatzteilen und Reparaturanleitungen schon beim Kauf. Zudem möchte die Kommission auf die Schaffung eines „Rechts auf Reparatur“ hinarbeiten und Verbraucher vor Greenwashing schützen.
Im Blick hat die EU-Kommission dabei nicht nur die Nachhaltigkeit von Waren, sondern auch von Dienstleistungen. Sorgfältig geprüft wird auch das Verbessern ökologischer und sozialer Aspekte entlang der Wertschöpfungskette, von der Produktion über die Verwendung bis zum Ende der Lebensdauer.
Vermehrtes Recycling in der gesamten europäischen Wirtschaft könnte laut Schätzungen einer Studie von Cambridge Econometrics, Trinomics und ICF aus dem Jahr 2018 das Bruttoinlandsprodukt der EU bis 2030 um zusätzliche 0,5 Prozent steigern. Das entspräche etwa 67,5 Milliarden Euro (EU-27 ohne GB; Stand: 2018; Quelle: Statista). Gleichzeitig könnten etwa 700.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Die Vorteile für Unternehmen liegen aus Sicht der EU-Kommission auf der Hand: Das verarbeitende Gewerbe in der EU wendet durchschnittlich etwa 40 Prozent der Ausgaben für Materialien auf. Geschlossene Kreisläufe könnten diese Ausgaben senken und die Rentabilität dieser Unternehmen steigern. Zugleich wären sie vor Schwankungen der Rohstoffpreise geschützt.
Von mehr Recycling profitieren auch wir EU-Bürger. Uns würde intensivere Kreislaufwirtschaft hochwertige, funktionelle und sichere Produkte bieten, die effizient und erschwinglich, langlebiger und auf Wiederverwendung und Reparatur sowie hochwertiges Recycling ausgelegt sind. Dazu kämen nachhaltige (Reparatur-)Dienstleistungen, mehr Lebensqualität und innovative Arbeitsplätze.
Die Europäische Union wird auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft auf globaler Ebene weiterhin die Führungsrolle übernehmen und ihren Einfluss, ihr Fachwissen und ihre finanziellen Ressourcen zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele für 2030 nutzen. Die EU-Kommission gibt sich also optimistisch, beinahe euphorisch, wie so oft bei ihren eigenen hochgesteckten Zielen.