Greenwashing made by EU

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Ist die EU die Mutter allen Greenwashings?

Mit dem europäischen Grünen Deal, dem Maßnahmenplan „Fit für 55“ und vielen weiteren Mitteilungen erarbeitet sich die Europäische Union seit Jahren ein grünes Image. Die erforderliche gesetzliche Basis – vollständige Verordnungen, Regulierungsstandards, Reportingpflichten usw. – bleibt sie jedoch vielfach schuldig. Ist das nicht Greenwashing?

Europas grüne Ziele

Der Europäischen Union sind Klima- und Umweltschutz seit vielen Jahren ein Anliegen. Die EU-Kommission äußert ihre Ziele und geplanten Maßnahmen wortreich in zahlreichen Strategien und Mitteilungen, wie zum Beispiel:

  • Programm „Saubere Luft für Europa“ vom 18. Dezember 2013
  • Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums vom 8. März 2018
  • „Ein sauberer Planet für alle“ vom 28. November 2018
  • Der europäische Grüne Deal vom 11. Dezember 2019
  • „Vom Hof auf den Tisch“ – Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem vom 20. Mai 2020
  • Strategie zur Finanzierung einer nachhaltigen Wirtschaft vom 6. Juli 2021

Die EU möchte damit ihren langfristigen Beitrag zum Verwirklichen der Ende 2015 beschlossenen Pariser Temperaturziele leisten und durch einen sozial gerechten Übergang bis zum Jahr 2050 Netto-Treibhausgasemissionen von null erreichen. So soll die EU der erste klimaneutrale Kontinent der Erde werden.

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Mit gutem Beispiel voranzugehen, scheint nicht auf der Agenda der EU zu stehen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen legte Berichten zufolge im Herbst 2021 die etwa 55 Kilometer Luftlinie zwischen Wien und Bratislava im Flugzeug zurück. Auf zahlreiche Straßenkilometer kam sie mit Transferfahrten zum und vom Flughafen trotzdem

Seit Jahrzehnten pendelt das gesamte EU-Parlament, also ca. 5.000 Mitarbeiter und Berge von Akten, alle vier Wochen (sic!) die gut 400 Straßenkilometer zwischen Brüssel und Straßburg hin und her. Dieser „Wanderzirkus“ kostet uns EU-Bürger 109 Millionen Euro jährlich. Sinn macht das keinen, aber so wurde das im Vertrag von Maastricht nun einmal vereinbart und Frankreich lässt sich den EU-Sitz Straßburg nicht wegnehmen.

Was ist Greenwashing?

Laut Erwägungsgrund 11 der EU-Taxonomie-Verordnung bezieht sich „Greenwashing“ auf die Praxis, sich einen unlauteren Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, indem ein Finanzprodukt als umweltfreundlich vermarktet wird, obwohl in Wirklichkeit grundlegende Umweltstandards nicht eingehalten wurden. Eine universellere Definition, die über Finanzprodukte hinausgeht, lautet:

Greenwashing ist der Versuch von Organisationen, durch Kommunikation, Marketing und Einzelmaßnahmen ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne entsprechende Maßnahmen im operativen Geschäft systematisch verankert zu haben.

Neben dem Reputationsschaden, den Greenwashing verursachen kann, steht übertriebene Grünfärberei auch im Konflikt mit dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.

Große Pläne versus harter Realität

Die EU-Offenlegungs-Verordnung soll dazu dienen, Vermögenswerte von Banken, Versicherungen, Pensionskassen und privaten Anlegern verstärkt in nachhaltige Geldanlagen umzulenken. Dazu definiert die Verordnung unter anderem die „nachhaltige Investition“.

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Kurz gesagt ist die Investition in eine wirtschaftliche Tätigkeit dann nachhaltig, wenn sie dem Erreichen von Umweltzielen oder sozialen Zielen dient und dabei Grundzüge der guten Unternehmensführung berücksichtigt. Diese Kriterien kennen wir unter dem Kürzel „ESG

Damit die Finanzindustrie nachhaltige Investitionen forcieren kann, benötigt sie klar definierte europäische ESG-Ziele. Die EU-Taxonomie-Verordnung kennt allerdings bis heute nur sechs Umweltziele. Über eine Sozial-Taxonomie, die auch grundlegende Aspekte der guten Unternehmensführung beinhalten soll, wird aktuell gerade einmal diskutiert.

Damit Assetmanager von Pensionskassen, Fondsgesellschaften usw. beurteilen können, unter welchen Bedingungen Wirtschaftstätigkeiten wesentliche Beiträge zu den EU-Klimazielen leisten, benötigen sie klare Bewertungskriterien. Diese gibt es per 1. Januar 2022 aber nur für zwei der sechs Klimaziele (und auch diese nur für ca. 100 ausgewählte Wirtschaftstätigkeiten). Weitere Bewertungskriterien sollten am 1. Januar 2023 folgen, diese selbst auferlegte Frist hat die EU-Kommission allerdings nicht eingehalten.


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Für Finanzprodukte (Investmentfonds, ETFs, IBIP usw.) gelten schon seit 11. März 2021 umfassende Berichtspflichten. Die dafür notwenigen technischen Regulierungsstandards wurden bereits mehrfach verschoben und sollen am 1. Januar 2023 in der finalen Fassung vorliegen.

Ein zentrales Bewertungskriterium für wirtschaftliche Tätigkeiten sind (neben vielen anderen) die damit verbundenen CO2-Emissionen. Beim nachhaltig Investieren sollen Assetmanager prüfen, ob das Unternehmen, in das mit dem Kauf von Aktien oder Anleihen investiert wird, die von der EU festgelegten Grenzwerte einhält. Dafür müssten Unternehmen eben jene CO2-Emissionen (genau genommen aufgeteilt in Scope 1, 2 und 3) in ihren Nachhaltigkeitsberichten offenlegen. Die Pflicht dazu kommt aber – in Form der Corporate Sustainability Reporting Directive CSRD – erst im Jahr 2025.

Lückenhaft und unvollständig

Die EU-Offenlegungsverordnung definiert die „nachhaltige Investition“ im Sinne der ESG-Kriterien, die EU-Taxonomie kennt aber bis heute nur Umweltziele – und auch für diese gibt es aktuell nur unvollständige Bewertungskriterien. Für die bereits geltenden Berichtspflichten fehlen die finalen technischen Regulierungsstandards, und Unternehmen werden vermutlich erst ab 2025 verpflichtet sein, ihre Nachhaltigkeitsberichte Taxonomie-konform zu gestalten.

Erinnern wir uns abschließend zurück an die vorhin erwähnte universelle Definition von Greenwashing. Die Organisation EU versucht durch Kommunikation (im Zusammenhang mit dem Grünen Deal) und Einzelmaßnahmen (zum Beispiel Definition der „nachhaltigen Investition“) ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne die dafür notwendigen Maßnahmen im operativen Geschäft – also die gesetzliche Basis für das Tagesgeschäft der Finanzindustrie – systematisch verankert zu haben.

Die eindeutige Antwort auf die Frage, die ich im Titel stelle, ob nämlich die EU angesichts der beschriebenen Tatsachen die Mutter allen Greenwashings ist, überlasse ich jetzt Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser.


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