Die große Liebe zu Elektroautos

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Woher kommt die große Liebe zu Elektroautos?

Fahrzeuge mit Elektroantrieb sind die Lieblinge von Politik und Klimaschützern. Und natürlich der Automobilhersteller. Sie forcieren den Umstieg von Diesel und Benziner auf Elektro- und Hybrid-Antrieb. Denn sie wollen ja weiterhin möglichst viele Autos verkaufen. Eine Bestandsaufnahme.

Vorab zur Klarstellung: Ich bin weder ausgewiesener Fan von Elektroautos, noch deren erbitterter Gegner. Viel mehr betrachte ich die mediale und politische Aufmerksamkeit, die Elektroautos aktuell genießen, möglichst objektiv und nicht durch die „rosarote“ bzw. „grüne“ Öko-Brille. Elektroautos können im urbanen Raum, zum Beispiel in Großstädten wie Wien, oder auf Kurzstrecken eine von vielen Maßnahmen zu mehr Klima- und Umweltschutz sein. Der komplette Umstieg von Autos mit Verbrennungsmotoren auf solche mit Elektroantrieb ist aber ebenso wenig global klimaschonend wie realistisch.

Europäische Automobilhersteller haben in den letzten Jahrzehnten Unsummen in die (Weiter-)Entwicklung von Verbrennungsmotoren gesteckt. Zu Recht gelten beispielsweise die hochentwickelten Viertaktmotoren und Selbstzünder deutscher Premiumhersteller als Sahnestücke des Motorenbaus.

Europas Autobauer holen auf

Trotz ihres Entwicklungsvorsprunges und der weltweiten Wertschätzung von Autokäufern rücken viele europäische Hersteller von Verbrennungsmotoren ab und wollen zukünftig vermehrt oder gar ausschließlich PKW mit Elektroantrieb bauen und verkaufen. Woher kommt dieser Sinneswandel?

Selbstverständlich haben auch traditionelle Automobilhersteller die Zeichen der Zeit erkannt und legen seit einigen Jahren viel mehr Wert auf Klima- und Umweltschutz. Es reicht nicht aus, die Abgasemissionen von Diesel- und Benzinmotoren immer wieder zu reduzieren. Emissionen beim Autofahren sollen auf ganz auf null reduziert werden. Der Umstieg auf saubere und umweltfreundliche Antriebsarten soll wesentlich dazu beitragen, die europäischen Klimaziele zu erreichen.

Radikale Lösung: gar keine Autos mehr!

Die einfachste Lösung, um die beim Autofahren entstehenden Emissionen auf null zu reduzieren, ist, auf das Autofahren gänzlich zu verzichten. Damit würden wir dem Weltklima zeitgleich jene Emissionen ersparen, ohne die auch Elektroautos nicht gebaut und betrieben werden können. Warum ist auf diese Idee noch niemand gekommen? Weil das natürlich vollkommen unrealistisch ist. Und dem Weltklima auch nicht überragend viel bringen würde, wie Sie im Beitrag Retten Elektroautos das Weltklima nachlesen können.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte dennoch in einem Interview von ntv: „Wir haben sehr klar festgelegt, dass wir ab 2035 ausschließlich Autos haben wollen, die kein CO2 mehr in die Umwelt ausstoßen. Das ist ein ganz klares Ziel.“ Die einzigen Autos, die weder in Europa noch irgendwo auf der Welt (etwa bei der Herstellung) CO2 in die Umwelt ausstoßen, sind jene Autos, die gar nicht gebaut werden.

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Erstens können viele Menschen nicht auf das Auto verzichten. Lange nicht jeder hat U-Bahn und Bus vor der Haustür, der öffentliche Verkehr ist nur in Ballungszentren wirklich gut ausgebaut, das europäische Bahnnetz ist ein nationalstaatlicher Fleckerlteppich. Auf ein, zwei Autos pro Haushalt wollen auch viele Menschen, aus Freude am Fahren, Bequemlichkeit usw., gar nicht verzichten. Junge Menschen hingegen verzichten immer mehr auf den eigenen PKW-Führerschein.

Zweitens wäre der komplette Verzicht auf individuelle Mobilität mit PKWs ganz und gar nicht im Sinne des europäischen Wirtschaftraumes und der Automobilkonzerne. Diese leben ja von Entwicklung, Bau und Verkauf möglichst vieler Autos. Sie sind ein wichtiges Industriesegment und sichern, direkt und indirekt, viele Millionen Arbeitsplätze in Europa – ohne die wir ein massives (Job-)Problem hätten.

Verzicht ist also nicht die Lösung. Politik und Automobilkonzerne haben sich daher auf den Austausch verständigt. Diesel- und benzingetriebene PKW sollen so rasch als möglich gegen Autos mit Hybrid- und vorzugsweise Elektroantrieb getauscht werden. Diese Lösung kann auch uns KonsumentInnen verkauft werden, die ungern einen Verlust an Bequemlichkeit hinnehmen. Nach dem Motto: alles bleibt wie es ist, ihr braucht nur länger fürs Tanken.

Zwei Fliegen mit einer Klatsche

Europäische Autobauer haben den weltweiten Markt für Elektroautos jahrelang vernachlässigt und asiatischen sowie US-amerikanischen Herstellern, allen voran Tesla, überlassen. Diesen Rückstand holen sie jetzt auf. Notgedrungen, denn die von der Politik festgelegten immer strenger werden Abgasgrenzwerte für PKW bzw. den Flottenverbrauch sind mit Verbrennungsmotoren zukünftig so gut wie nicht zu erfüllen – und das Verfehlen von Flottenverbauchszielen hätte millionenschwere Strafzahlungen zur Folge.


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Typisch europäische Autohersteller machen sie dabei Vieles richtig. An Top-Modellen wie zum Beispiel dem Porsche Taycan oder dem Mercedes EQS ist erkennbar, dass sie sich bereits wieder den Status als Technologieführer erarbeiten.

Auf der anderen Seite steht die europäische Politik, die sich hochgesteckte Klima- und Umweltziele – Stichwort Green Deal – gesetzt hat, und nun Maßnahmen finden muss, um diese auch zu erreichen. Da kommt die neue Liebe der Autohersteller zu Elektroautos wie gerufen. Also werden elektrifizierte PKWs als eine DER Maßnahmen zur Rettung des globalen Klimas hervorgehoben und gefördert.


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Die Anschaffung von Elektroautos sowie das Bauen von Ladestationen wird mit Umweltprämien staatlich gefördert. Österreich verzichtet auf das Einheben der Normverbrauchsabgabe NoVA. Die Nutzung wird steuerlich, zum Beispiel durch den Wegfall des Sachbezuges bei privater Verwendung von Firmenautos, bessergestellt. Hinzu kommen Investitionsprämien. Das führt dazu, dass 84 Prozent der neu zugelassenen Elektro-PKWs auf Unternehmen entfallen – und gerade einmal 16 Prozent auf private Personen.

Fakt ist, dass der sich immer mehr Fahrer für PKW mit Hybrid-Antrieb oder rein elektrischem Antrieb entscheiden. Damit sind immer mehr Autos lokal emissionsfrei unterwegs. Setzt sich dieser Trend fort, und steigen auch immer mehr private Fahrer auf E-Autos um, dann gilt es eine Reihe weiterer Herausforderungen zu meistern. Wie wird der Entfall von KFZ-Steuern kompensiert? Wo finden tausende Ladestationen Platz? Wie viele Jobs gehen in der Automobilbranche gehen verloren? Wie verkraften die vorhandenen Stromnetze die Belastung? Dazu mehr in einem der folgenden Beiträge.


Quellen:

Kleine Zeitung, www.kleinezeitung.at, Trend: Immer weniger Junge machen den B-Führerschein, abgerufen am 7. Oktober 2021

Die Presse, www.diepresse.com, „Nur 16 Prozent der neuzugelassenen E-Autos gehen an Private“, abgerufen am 8. Oktober 2021

Statistik des Bundesverbandes Elektromobilität Österreich, www.beoe.at, „E-Mobilität in Zahlen, abgerufen am 8. Oktober 2021

ntv, www.n-tv.de, Interview mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, „Klimapolitik ist jetzt die Aufgabe der Zeit“, abgerufen am 10. Oktober 2021

Europäische Kommission, ec.europa.eu, Factsheet zum europäischen Grünen Deal, abgerufen am 10. Oktober 2021