EU-Entwaldungs-Verordnung sorgt für globale Kritik
Während monatelang lautstark über die EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) diskutiert und gestritten wurde, ist – bereits im Juni 2023 – vergleichsweise unbemerkt die Europäische Entwaldungs-Verordnung (EU Deforestation Regulation EUDR) in Kraft getreten. Experten sehen in der EUDR, die ab 30. Dezember 2024 anzuwenden ist, ein weitaus strengeres Lieferkettengesetz als es die CSDDD ist.
Wälder bieten vielfältigen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Nutzen. Sie beherbergen den größten Teil der terrestrischen biologischen Vielfalt der Erde. Wälder erhalten das Ökosystem aufrecht, tragen zum Klimaschutz bei, sorgen für saubere Luft und spielen eine entscheidende Rolle für die Wasserrückhaltung und -speicherung. Darüber hinaus dienen Wälder etwa einem Drittel der Weltbevölkerung als Lebensgrundlage und Einkommensquelle.
Waldflächen schrumpfen weltweit
Doch die Geschwindigkeit, mit der die Entwaldung voranschreitet, ist besorgniserregend. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO schätzt, dass zwischen 1990 und 2020 weltweit 420 Mio. Hektar Wald verloren gegangen sind. Das entspricht einer Fläche, die größer ist als die Europäische Union. Jedes Jahr verliert die Erde weitere 10 Mio. Hektar Wald. Die Entwaldung allein verursacht 11 % der weltweiten Treibhausgas-Emissionen (laut IPCC-Bericht 2019). Verbrauch und Konsum in der EU sind wichtige Ursachen für Entwaldung und Waldschädigung auf der ganzen Welt.
Von Holz bis Kaffee und Soja
Die EU-Entwaldungs-Verordnung ist die deutlich strengere Nachfolgerin der EU-Holzhandels-Verordnung aus dem Jahr 2010. Die neue EUDR geht weit über den Schutz des Waldes hinaus, umfasst sind neben Holz auch Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk und Soja. Denn auch diese Produkte tragen erheblich zur weltweiten Entwaldung und Waldschädigung bei. Darüber hinaus beschäftigt sich die EUDR auch mit arbeits- und menschenrechtlichen Aspekten.
Adressanten der Verordnung sind Marktteilnehmer, die relevante Produkte erstmals in die EU importieren oder aus der EU exportieren, und Händler, die eingeführte Produkte kaufen oder verkaufen. Sie müssen strenge Sorgfaltspflichten erfüllen, die indirekt für alle Unternehmen entlang der weltweiten Lieferkette gelten. Es sind keine Schwellenwerte vorgesehen, genau genommen kann bereits ein Splitter Holz im Endprodukt dazu führen, dass die EUDR angewendet werden muss.
„Entwaldungsfreie“ Produkte
Marktteilnehmer und Händler sind dafür verantwortlich, Informationen zu sammeln und aufzubewahren, um für Transparenz in der Lieferkette der relevanten Erzeugnisse, die sie am Markt bereitstellen, zu sorgen. Holz, Rinder, Kaffee & Co. dürfen in der EU nur dann importiert, gehandelt, vermarktet oder exportiert werden, wenn sie „entwaldungsfrei“ hergestellt und im Ursprungsland legal erzeugt wurden sowie diesbezüglich eine Sorgfaltserklärung vorliegt.
Unternehmen haben in einem dreistufigen Prozess Informationen zu sammeln, eine Risikobewertung durchzuführen und Maßnahmen zur Risikominderung zu setzen. Die Umsetzung der Sorgfaltspflichten muss jährlich überprüft werden. Außerdem müssen Unternehmen öffentlich darüber berichten.
Weltweit nicht nur Unterstützung
Die EU-Entwaldungs-Verordnung entfaltet ihre Wirkung weit über die Grenzen der EU hinaus. Sie nimmt indirekt – so wie auch die EU-Lieferketten-Richtlinie – Unternehmen auf der ganzen Welt in die Pflicht. Widerstand regt sich folglich nicht nur in der EU, sondern bei vielen Lieferanten entlang der globalen Lieferkette. Von der zusätzlichen Bürokratie ganz zu schweigen.
Dieser Beitrag ist erstmal im Magazin risControl Nr. 07 – 2024 erschienen.